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Das Interview

„Musik im Gespräch!“

Christiane Sauer: „Noch niemals beugten wir das Knie!“

Christiane Sauer: „Noch niemals beugten wir das Knie!“

Foto: Chr. Sauer

Die Flötistin, Kantorin, Chor- und Orchesterleiterin Christiane Sauer im Gespräch mit unserer Redaktion.


Das Zitat der Überschrift stammt aus dem Oratorium „Judas Maccabäus“ von Georg Friedrich Händel und könnte gelegentlich auch als Motto für das Schaffen und Wirken von Christiane Sauer stehen, wenn sie sich für die Entfaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Hilfe der Musik aktiv einsetzt. Die engagierte Musikerin kommt ursprünglich aus Ludwigsburg und wurde in ihrer musikalischen Familie - der Vater war Organist - schon früh mit der Welt der Musik vertraut. Nach einer Zeit der Orientierung studierte sie Klavier, Orgelspiel, Chorleitung, Gesang und Musiktheorie an der Kirchenmusikschule Düsseldorf und an der Robert-Schumann-Hochschule. An der Hochschule für Musik und Tanz Hannover folgte das Studium Musikerziehung und Querflöte. Neben theoretischer und instrumenteller Schulung konzentrierte sie sich auf die Musik von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Felix Mendelssohn Bartholdy. Als Kantorin und freischaffende Chor- und Orchesterleiterin arbeitet sie seitdem im Raum Düsseldorf, gibt viele Konzerte geistlicher und weltlicher Musik und nimmt solistische Engagements wahr. Sie bearbeitet musikalische Projekte - auch mit Kindern und Jugendlichen - und erteilt Privatunterricht in den Fächern Klavier, Flöte und Gesang. Außerdem ist sie künstlerische Leiterin der Ensembles „apollo-chor salve musica“ und „Projektchor des Städtischen Luisengymnasiums“. (www.christiane-sauer.com)


Können Sie sich an Ihre früheste Begegnung mit der Musik erinnern?

Es gibt hierzu sehr viele Eindrücke, da ich in meinem Elternhaus von früh an immer von Musik umgeben war. Aber es ist vielleicht eine sehr persönliche Einzelheit, die mir intensiv in Erinnerung geblieben ist: Es war der ganz besondere Geruch meiner Blockflöte! Auch das Auspacken des Instrumentes ist mir noch sehr gegenwärtig. Für ein Kind sind Wahrnehmungen immer sehr ganzheitlich und gesamt-körperlich. Klang und Duft sind Phänomene, die auch heute noch für mich eng beieinander liegen, wenn ich etwa an das schon fast jährlich stattfindende „Tafeln vor Noten - Drei-Gang-Menü mit Zwischenmusik“ denke oder an unser Projekt „Amuse Bouche - Ein Musikalisches Festessen“.

"Wer oder was hat Sie noch in Ihrer Kindheit oder Jugend musikalisch geprägt?"

Das war gewiss mein Vater, der ein sehr engagierter Organist mit auratischer Ausstrahlung war, so dass ich als Kind oft dachte: „Da wo mein Vater steht, will ich auch mal hin!“ Aber letzten Endes war es doch die durch ihn vermittelte Musik, die mich interessierte und faszinierte. Karrieren waren mir immer gleichgültig, weil die Musik als Erlebnis im Wahrnehmen und Tun für mich im Vordergrund stand und steht. So ist es kennzeichnend, dass ich mir vieles, nicht nur die Welt der Orgel, erarbeitet und angeeignet habe.

Welche Bedeutung hat Ihr Musikstudium an den verschiedenen Hochschulen für Sie gehabt?

Neben der Schulung am Instrument und in der Theorie war es die „Musikliteratur“ - so nennen wir als Musiker die Noten, d.h. gedruckte musikalische Arbeiten - die Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Felix Mendelssohn Bartholdy, die mir - noch immer - sehr viel bedeuten.

Immer gut empor gehoben: Chor und Orchester unter den Fittichen von Christiane Sauer.Foto: Morris Willner

Können Sie Ihre Beziehung zu den drei Komponisten ein wenig beschreiben?

Da ist Bach, um den man als Musiker einfach nicht drum herum kommt. Er ist die maßgebliche musikalische Größe, die den Musiker - auch heute - in allen musikalischen Dimensionen wie Harmonie, Kontrapunkt, Melodie und Ausdruck ungemein fordert und prägt. Händel ist als Musiker - er war ja Landsmann und Zeitgenosse von Bach - sehr ausdrucksstark, eigenwillig und mitreißend. Am 24. und 25. Mai spielen wir sein Oratorium „Judas Maccabäus“ in der Düsseldorfer Franziskanerkirche. Das Werk ist zwar in englischer Sprache komponiert und wurde 1747 uraufgeführt - aber wir präsentieren es auf Deutsch. Eindrucksvoll ist darin zum Beispiel eine Stelle, melodisch-musikalisch sowie textlich, wo es heißt: „Noch niemals beugten wir das Knie!“ Das ist - auch für Händel - Triumph und persönlicher Befreiungsschlag zur freien Entfaltung.

… und Felix Mendelssohn Bartholdy?

Mendelssohn war ja ein paar Jahre hier in Düsseldorf als Generalmusikdirektor tätig. Er schreibt eine Musik, die ich subjektiv aber überzeugt als zugleich sehr weich und stark, als wärmend und exzentrisch, als sehr körperlich - er war ja Romantiker - beschreiben würde. Publikum, Chor und Orchester konnten davon etwas erfahren, als wir Ende Mai 2013 von Mendelssohn die Werke „Lobgesang“ (Sinfonie-Kantate, op. 52) und „Hymne“ (Drei geistliche Lieder und Fuge, op. 96) in der Klosterkirche der Franziskaner mit großem Erfolg aufführten.

Als Kirchenmusikerin haben Sie auch einen guten Zugang zu weltlicher Musik?

Ja, selbstverständlich. Die Unterscheidung weltliche und geistliche Musik hat für mich sowieso etwas Künstliches. So habe ich mich immer auch für das Chanson der zwanziger Jahre interessiert. Und in unserer eben schon genannten Serie „Tafeln vor Noten“ (seit 2008) singen und spielen wir natürlich weltliche Musik.

Wie kann man sich „Tafeln vor Noten“ vorstellen?

Wie der Titel schon sagt - während eines festlichen Abends wird 30-40 angemeldeten, geladenen Gästen ein zauberhaftes Menü mit allem Drum und Dran serviert. Es handelt sich dabei um ein Drei-Gang-Menü mit Zwischenmusiken, die jeweils die einzelnen Gänge musikalisch miteinander verbinden. Die Musikstücke selbst stammen querbeet aus allen Epochen und Gattungen - das reicht von Richard Wagners „Einzug der Gäste“, über das „Miss Marpel Theme“ von Rod Goodwin bis zu Udo Jürgens' „Ein Platz an der Sonne“. Die musikalische Besetzung ist mit sechs Solisten kammermusikalisch ausgerichtet: Susanne Oesterlee (Violine), Thomas Hinz (Klavier), Ludwig Rieber (Violoncello), Anja Kämmerling (Viola), Klaus Niel (Violine) und Reiner von der Beek (Percussion). Die musikalische Leitung samt Flöte, Klavier und Gesang liegt bei mir. Und die hervorragenden Speisen werden von Margret Fröhlich und ihrem ausgezeichneten Team geplant und zubereitet. Das nächste „Tafeln vor Noten“ ist geplant.

3 Sopräne als Zutaten und 1 Pianist zum Abschmecken!Foto: Felix Ersig

Und was passiert beim „Amuse Bouche - Ein Musikalisches Festessen"?

Das ist eine Art Musik-Kabarett: Drei singende Sopräne als Zutaten und ein Harmonium zum Abschmecken. Da kann es sich nur um das Wichtigste im Leben drehen. Alle tun es. Manche mehr, manche weniger. Jedes Genre, egal ob Klassik, Unterhaltungsmusik, Operette oder Kinderlied - alle haben sich an der Welt des Essens und Trinkens sattkomponiert. Passend zum Thema singen wir - Clementine Jesdinsky, Karolina Rüegg und ich - Lieder und Arien, begleitet vom Pianisten Thomas Hinz. Mit diesem Programm und derselben Besetzung sind wir auch auf Tournee gegangen und gastierten u.a. in Hann-Münden und Basel. Etwas Ähnliches haben wir für dieses Jahr geplant: Am 1. November treten wir in Kamp-Lintfort auf und besingen das Thema „Mode und Schmuck"!

Zu Ihren vielen Aktivitäten gehört auch eine intensive musikpädagogische Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen

Das ist nicht nur für meine Arbeit ein wesentlicher Schwerpunkt, sondern ebenso fundamental wichtig für unsere gesamte Gesellschaft! Es ist gut, wenn Kinder und Jugendliche möglichst viele Begegnungen mit der Musik haben. Nicht nur, indem sie Noten singen oder ein Musikinstrument beherrschen, sondern die Musikpraxis auch als Teil des sozialen Lernens erfahren und begreifen - nicht nur im Einzelunterricht, sondern erst recht in Chor oder Orchester.

Christiane Sauer engagiert sich auch erfolgreich und begeistert bei der musikalischen Förderung von Kindern.Foto: Chr. Sauer

Welche Projekte können Sie hier nennen?

Nennen möchte ich als Dauerprojekt das Düsseldorfer „SINGEN.Bündnis“ als Fortsetzung der Aktion „SingPause“ für ältere Schüler. Unter dem Motto „Schule wechselt - Singen bleibt!“ bieten wir (Chorverband Düsseldorf, Städtische Realschule Florastrasse und Polizei-Chor Düsseldorf 1958) allen Kindern, die von der Grundschule zur weiterführenden Schule wechseln, ein neues musikalisches Zuhause. (Information und Anmeldung: gs [at] chorverband-duesseldorf.de )

Und dann leiten Sie auch noch saisonale Projekte?

Es handelt sich dabei um spezielle Aufführungen mit und für Düsseldorfer Schulkinder, die nach der 4. Klasse die Schule wechseln. Gerne nenne ich hier drei öffentliche Veranstaltungen, die unter meiner gesamten Leitung (Musik, Regie, Szene) stehen: das „Horri-Monster-Musical“ von Jörg Ehni und Uli Führe (2. Juni, 17:00, Festsaal Gustav-Adolf-Kirche, Gerresheim), den Kinderlieder-Zyklus „Eine Reise nach Zimbi“ von Katrin von Chamier und Christiane Sauer (12. Juni, 16:00, Sternwartschule Düsseldorf) und das Schul-Musical „Schwein gehabt!“ (14. Juni, 12:00, Don-Bosco-Schule, Oberkassel). Für die zweite Jahreshälfte planen wir außerdem das Kinder- und Jugend-Musical „Götter Olympiade“ - eine lustige und spannende Darbietung über die verzwickten Zuständigkeiten der Götter aus der griechischen Mythologie.


Das Gespräch führte
Prof. Dr. Hartwig Frankenberg