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„Musik im Gespräch!“(09/10 2013)

Eberhard Bäumler: „Meine früheste Faszination für die Musik galt einem verstimmten Klavier!“

Eberhard Bäumler: „Meine früheste Faszination für die Musik galt einem verstimmten Klavier!“

Foto: Privat

Eberhard Bäumler: konzentriert bei der Probenarbeit.1943 in Gelsenkirchen geboren, studierte er nach dem Abitur an der Hochschule für Musik in München und am Mozarteum in Salzburg. Als Orchesterleiter war er tätig an den Opernhäusern von Bielefeld, Wuppertal, Augsburg, Hagen, Krefeld/Mönchengladbach und Kapstadt. Dazu kam eine rege Tätigkeit als Gastdirigent zahlreicher Sinfonieorchester. Zusätzlich hat er eine Dozentur für Korrepetition an der Hochschule für Musik in Frankfurt und hält regelmässig musikwissenschaftliche Vorträge.

Eberhard Bäumler - Dirigent des Orchesters der Landesregierung NRW im Gespräch mit unserer Redaktion.

Können Sie sich an Ihre früheste Begegnung mit der Musik erinnern?

Ja, ich habe als Kind meine Ferien sehr oft bei Verwandten auf einem Bauernhof verbracht. In irgendeiner Ecke stand ein verstimmtes Klavier, auf dem man mir das Paradestück aller Klavierneulinge, den Flohwalzer, beibrachte, den ich nun Stunden um Stunden mit grosser Begeisterung nachspielte, so dass ich mich entschloß - ich war damals 11 Jahre alt - Klavierunterricht zu nehmen.

Wie kam es, daß Sie Dirigent werden wollten?

Als ich 15 war - auch wieder eine so merkwürdige Situation - traf ich auf einen alten Plattenspieler mit Vinylplatten, auf denen der Foxtrott "Ich hab ein Diwanpüppchen süß und herzig wie du!" aus der Operette Viktoria und ihr Husar (1930) von Paul Abraham zu hören war. Diese Musik ging mir sofort in die Arme. Ich stellte mich vor einen Spiegel und dirigierte mit solcher Leidenschaft und Inbrunst, dass ich mir sagte: "Das ist es! Du musst Dirigent werden."

Wie beschreiben Sie Ihre weitere Entwicklung als Musiker?

Nach dem Abitur absolvierte ich mein Musikstudium an der Staatlichen Musikhochschule in München und am Mozarteum in Salzburg. Ich hatte grosses Glück und erhielt als bester Absolvent die Lilli-Lehmann-Medaille (1965) sowie einen Preis des Österreichischen Unterrichtsministeriums und gewann 1973, einige Jahre später, den Dirigentenwettbewerb des Deutschen Musikrates.

Wie erlebten Sie Ihre Karriere als Dirigent?

Es ging alles ziemlich schnell. Ich erhielt mein erstes Engagement als Korrepetitor und Kapellmeister am Opernhaus in Bielefeld mit 24 Jahren. Es folgten Wuppertal, Augsburg und weitere Opernhäuser, an denen ich Gelegenheit hatte, mir den Grossteil des Opernrepertoires anzueignen.

Eberhard Bäumler als junger Mann mit angedeuteter Haartolle: "Spiele ich jetzt den Flohwalzer zum 999. Mal - oder soll ich doch lieber das Diwanpüppchen dirigieren?"

Foto: Privat

Welche musikalischen Vorbilder und welche thematischen Interessen gab und gibt es für Sie?

Es gab während meines Studiums zwei Persönlichkeiten und Vorbilder, die mich ungemein geprägt haben.

Da war zunächst mein Lehrer Prof. Kurt Overhoff am Mozarteum Salzburg, selber Dirigent und bekannt durch zahlreiche Publikationen über die Musik Richard Wagners (sein Buch "Die Musikdramen Richard Wagners" ist ein Standardwerk). Er war nicht nur als Mensch ein Vorbild, sondern hat uns Studenten einen entscheidenden Einblick in die Tiefen der musikalischen Sprache gegeben.

Der andere Spiritus Rector während meines Münchener Studiums war der langjährige Generalmusikdirektor der Münchener Staatsoper Joseph Keilberth, dem ich viele grossartige Vorstellungen zu verdanken habe.

Was nun die Komponisten angeht, so sind Mozart und Wagner die beiden Pole, an denen ich mich am liebsten orientiere. Bei Wagner ist es nicht nur die ungeheure Tiefendimension seiner Musik, die mich fasziniert, sondern auch die philosophische, mythische und psychologische Dimension seiner Musikdramen.

Was hat Sie gereizt, die Leitung des Orchesters der Landesregierung NRW zu übernehmen?

Es war anfangs ein Zufall. Ich bin für ein Sinfoniekonzert kurzfristig eingesprungen. An eine längere Bindung hatte ich gar nicht gedacht. Da ich bisher nur mit professionellen Orchestern zu tun hatte und dies das erste Amateurorchester war, das ich dirigiert habe, war ich über die Leistungsfähigkeit des OdL - so die Abkürzung - ungemein überrascht. Dazu kam die wunderbare menschliche Atmosphäre unter den Mitgliedern verschiedenster Berufe. In all den Jahren haben wir uns nicht gescheut, Werke ins Programm aufzunehmen, die auch für professionelle Orchester nicht ganz einfach sind. Das war stets eine Herausforderung, die das Orchester bisher immer mit Bereitwilligkeit und Begeisterung auf sich genommen hat.

Wie geht es weiter?

Am 12. Oktober geben wir in der Düsseldorfer Tonhalle - zusammen mit unserem Partnerorchester aus der britischen Stadt Reading - ein Festkonzert mit Werken von Edward Elgar, Ludwig van Beethoven und Camille Saint-Saens. Es folgt ein Kinderkonzert in der Tonhalle am 24. November mit dem Titel "Musikalische Schatzsuche", in dem, wie jedes Jahr, die musikalischen Werke moderiert und erklärt werden. Im kommenden Jahr sind dann wieder sogenannte thematisch gebundene "Gesprächskonzerte" geplant, bei denen wir nicht nur musizieren, sondern dem Publikum eine kurze Einführung in die musikalische Substanz der Werke geben.


Das Gespräch führte
Prof. Dr. Hartwig Frankenberg