Das Interview
„Musik im Gespräch!“Thorsten Pech: „Ich möchte den Düsseldorfer Bachverein weiter fordern und fördern sowie junge und gut geschulte Sängerinnen und Sänger zur aktiven Mitarbeit inspirieren!“
Thorsten Pech: „Ich möchte den Düsseldorfer Bachverein weiter fordern und fördern sowie junge und gut geschulte Sängerinnen und Sänger zur aktiven Mitarbeit inspirieren!“
INTERVIEWGAST:
Seit vielen Jahrzehnten ist Thorsten Pech als Konzertorganist, Dirigent, Chorleiter und Kantor tätig. Nach seinem Kantorenexamen 1980 und einem Orgel-Konzertfachstudium in Düsseldorf zog es ihn zur Dirigentenausbildung nach Wien. Ein Musiker in den Welten ist er geblieben – ob als konzertierender Organist, in Japan, China, Russland, Polen und den westeuropäischen Nachbarländern, oder als Dirigent für Oratorien und sinfonische Werke. Dennoch ist Thorsten Pech seinen rheinischen Wurzeln treu geblieben – seit September 1977 arbeitet er als Kantor und Organist, aktuell hauptamtlich in seiner Heimatstadt Wuppertal-Elberfeld. 1989 übernahm er als künstlerischer Leiter den Bachverein Düsseldorf und 2003 den Konzertchor der Volksbühne Wuppertal. 1998 wurde Thorsten Pech der Titel „Musikdirektor“ durch den Fachverband Deutscher Berufschorleiter verliehen und 2016 mit dem Kunst- und Kulturpreis der „Enno und Christa Springmann Stiftung“ ausgezeichnet. 2020 feiert er das 150-jährige Bestehen mit und für den Bachverein Düsseldorf. www.thorsten-pech.com
Für den Bachverein Düsseldorf, den ältesten Bachchor im europäischen Raum, steht das Jubeln in diesem Jahr (2020) im Vordergrund: Schon seit 1870 bereichert der Bachverein Düsseldorf das kulturelle Leben der Stadt. Gegründet wurde der Chor von dem damaligen Düsseldorfer Musikdirektor Wilhelm Schauseil. Es ist belegt, dass Clara Schumann sich als Solistin mehrfach an Konzertveranstaltungen des Bachvereins habe beteiligen können. Nach dem ersten Weltkrieg prägte Joseph Neyses über viele Jahrzehnte das Profil des Chores. Danach übernahmen zunächst Hans-Josef Irmen und dann für kurze Zeit Wolfram Fürll die Leitung. Seit 1989, d.h. inzwischen seit über 30 Jahren, liegt die künstlerische Leitung bei Thorsten Pech. Anlässlich des Jubiläums wurde eine Festschrift herausgegeben sowie eine CD veröffentlicht. www.bachverein-duesseldorf.de
MUSIKALISCHE UMRAHMUNG DES INTERVIEWABENDS:
Johann Sebastian Bach (1685 - 1750):
Motette „Nun lob, mein Seel’, den Herren“
Melchior Franck (1580 - 1639):
Motette „Meine Seele erhebt den Herren“ (Das Deutsche Magnificat)
Joseph Gabriel Rheinberger (1839 - 1901):
Abendlied „Bleib bei uns“
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 - 1847):
„O Täler weit, o Höhen“
Johann Caspar Bachofen (1695 - 1755):
„Viele verachten die edle Musik“
Johann Sebastian Bach (1685 - 1750):
„Nun ruhen alle Wälder“
INTERVIEW:
Wie erschließt sich für Sie die Gründung des Düsseldorfer Bachvereins 1870 – gerade auch im Unterschied zum Düsseldorfer Musikverein?
Chorgründungen außerhalb des kirchlichen Bereiches im 19. Jahrhundert sind eigentlich als Nachwehen der Französischen Revolution zu verstehen – und des daraus erwachsenden bürgerschaftlichen Engagements, selbst aktiv zu werden und nicht nur das politische, sondern auch das kulturelle Leben in die Hand zu nehmen. Dazu gehörten auch die vielen Vereinsgründungen als frühe demokratische Lebens- und Gesellschaftsformen. Als der Düsseldorfer Musikverein 1818 gegründet wurde, bestanden – trotz der preußischen Regentschaft – im Rheinischen und Bergischen ja noch nach-kurfürstliche, bzw. nach-herzögliche Zeiten, wenn auch schon verbunden mit einem starken bürgerschaftlichen Engagement.
Und worin bestand das eigentliche Motiv für die Gründung?
Die Gründung des Bachvereins hatte in diesem Zusammenhang eine mehr musikalische Intention: 1850 entstand in Leipzig die neue Gesamtausgabe der Werke von Johann Sebastian Bach. Zu dieser Zeit bestanden noch Verbindungen zwischen dem herzöglichen Sächsischen Hof und dem noch agierenden kurfürstlichen Düsseldorfer Hof. Nach Informationen von Oskar Gottlieb Blarr, dem früheren und langjährigen Kantor der Neanderkirche, gab es als Geschenk aus Leipzig, hin nach Düsseldorf, jährlich einen neuen Band dieser Ausgabe, die jeweils im Archiv der Neanderkirche in der Altstadt gelagert wurde – und noch heute dort vorhanden ist. Aber offensichtlich wollte man in der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur dankbar Archivalien aufnehmen und registrieren – sondern diese auch musikalisch nutzen und hörbar machen. Um dies ernsthaft und beständig zu ermöglichen, wurde schließlich 1870 der Bachverein gegründet.
Warum konnte der damals schon bestehende Musikverein diese Aufgabe nicht übernehmen?
Für den bereits bestehenden Musikverein wäre eine solche Aufgabe – schon aufgrund der hohen Mitgliederzahl des Vereins – nur sehr schwer vorstellbar gewesen. Die Musik von Johann Sebastian Bach ist insgesamt stark instrumental geprägt und fordert deshalb – besonders angesichts öffentlicher Konzerte – einen spezialisierten Zugang mit einer überschaubaren Zahl aktiver Musiker. Genau in diesem Motiv dürfte die Gründung für den Düsseldorfer Bachverein gelegen haben. Die aus dieser Zeit verbliebenen Programmhefte sprechen allerdings anfangs noch eine etwas andere Sprache. So war es damals – im neu gegründeten Bachverein – durchaus üblich, die Werke von Johann Sebastian Bach bei Konzerten nicht in ihrer Gänze, sondern nur in Ausschnitten und gepaart mit Teilen musikalischer Werke anderer Komponisten aufzuführen.
Seit über 30 Jahren leiten Sie nun den Bachverein Düsseldorf. Können Sie sich noch an Ihre Anfänge erinnern?
An diese Zeit kann ich mich noch sehr gut erinnern, zumal es aus dieser Zeit noch eine Sängerin und einen Sänger gibt, die beide immer noch Mitglieder im Bachverein sind: Cornelia Brandt und Thomas Rasche. Die ganze Arbeit begann im Dezember 1988, als ich sehr plötzlich zu einer Chorprobe der Johannespassion aus Anlass der Aufführung im „alten“, noch wohlklingenden Robert-Schumann-Saal im März 1989 gebeten wurde. Bei dieser ersten Probe stellte ich fest, dass wir die Vorbereitungszeit bis März 1989 doch sehr dringend benötigten. Diese ersten Erfahrungen führten dennoch und sehr bald zu einer konstruktiven und kooperativen Arbeitsbeziehung zwischen Chor und Dirigent sowie - über die Jahre betrachtet - zu einer doch beträchtlichen Anhebung des chorischen Niveaus und zur Ausbildung eines gemeinsamen und beständigen Stils. Das heutige Bild und Selbstverständnis des Bachvereins ist folglich das Ergebnis von 30 Jahren Arbeit.
Der wunderschöne und individuelle, wiedererkennbare Chorklang des Düsseldorfer Bachvereins ist ja nicht selbstverständlich. Wer betreut eigentlich bei Ihnen die aktuelle Stimmqualität nicht nur des Chores, sondern auch jedes einzelnen Sängers?
„Bei uns kocht der Chef selbst“, könnte man etwas salopp sagen. Die Stimmbildung des Düsseldorfer Bachvereins ist mir von Anfang an ein besonders wichtiges Anliegen gewesen und liegt demzufolge auch in meinen Händen. Das hängt u.a. damit zusammen, dass ich zusätzlich zu den genannten musikalischen Studien auch noch über eine komplette Ausbildung als Sänger verfüge. Und mit diesen Voraussetzungen möchte ich sowohl den Düsseldorfer Bachverein – als auch alle anderen, von mir geleiteten Chöre – weiter fordern und fördern sowie junge und gut geschulte Sängerinnen und Sänger zur aktiven Mitarbeit inspirieren. Und dazu gehört ebenso eine aktive Stimmbildung des gesamten Chores sowie auch jeder einzelnen Sängerin und jeden Sängers.
Beschreiben Sie bitte kurz die wichtigsten Phasen, Höhepunkte (auch Konzertreisen) und Formate des Chores seit 1989.
Wie gesagt, begann es 1989 mit der Johannespassion. Mein Bestreben bestand von Anfang an darin, das Chorleben des Bachvereins dergestalt neu auszurichten, dass der A-cappella Gesang ganz klar im Vordergrund steht. Ich halte diese grundsätzliche Anforderung als sehr wesentlich für einen Chor, damit er in der Lage ist, alle Gattungen und Epochen des Chorsingens adäquat darzustellen. Gleichwohl war mir bekannt, dass der Bachverein vor meiner Übernahme nie – selbst zu Joseph Neyses’ Zeiten nicht – A-cappella gesungen hat. Selbst auch bei als A-cappella gedachten Werken wurden damals die einzelnen Stimmen immer instrumental durch eine Violine, Oboe oder Orgel unterfüttert. Die Umgewöhnung – mit Hilfe von Chorwerken (ohne instrumentelle Begleitung) aus der deutschen Chor-Romantik etwa von Schumann, Rheinberger, Mendelssohn, Brahms – dauerte einige Jahre. Durch diese Einübung lernte es der Bachverein erst einmal, überhaupt mit dem eigenen Klang umzugehen und diesen wahrzunehmen.
Welche Folgen hatte diese neue Ausrichtung?
Das führte im Ergebnis zu der Kompetenz, in großer Bandbreite Werke von der Gregorianik bis zum 21. Jahrhundert einzustudieren und konzertant aufzuführen. Hinzu kommen natürlich gelegentlich auch Oratorien mit Orchesterbegleitung. Man könnte sagen, dass heute 80% unserer musikalischen Arbeit im Bereich des A-cappella-Singens liegen. Bereits 1990 konnten wir unser erstes A-cappella-Konzert nicht nur hier in Düsseldorf, sondern auch im Altenberger Dom geben – alles mit durchaus gutem Erfolg. Dort stand u.a. Josef Rheinbergers Messe in G op. 151 auf dem Programm, dazu Musik von Brahms, Reinthaler sowie einiger Bach-Schüler. Ein ganz wesentlicher Meilenstein unserer Chorgeschichte war 1995 die sehr erfolgreiche und bewegende Aufführung des Requiems von Johannes Brahms hier in der Kirche St. Peter in D-Friedrichstadt. Dieser sakrale Raum gehört zu einer unserer Stammkirchen, wo wir oft und immer wieder gerne musizieren.
Wie erfolgte die weitere Entwicklung?
Die wesentlichen Entwicklungsschritte in Form chronologischer Höhepunkte: 1996 fand eine einwöchige Konzertreise nach Ost-Holstein nur mit A-cappella-Werken statt. Dort sangen wir u.a.in den Kirchen von Heiligenhafen, Oldenburg/Holst. und Petersdorf auf Fehmarn. 1997 erfolgte eine erste CD-Produktion, die wir in der Kaiserswerther Basilika St. Suitbertus einspielten. Auch beim heutigen Hören sage ich immer noch gerne, dass sie unseren musikalischen Anforderungen in puncto Klang und Eigenständigkeit bis heute und in hohem Maße entspricht. 2000 starteten wir zu einer Konzertreise durch Sachsen und Thüringen – etwa mit Konzerten im Freiberger Dom, zum 3. Oktober 2000 in der Lukaskirche Dresden und in der Herderkirche von Weimar.
Hinzu kamen dann auch Konzerte, die wir in Kooperationen mit anderen Chören gestalten, wie etwa 2007 mit dem Wuppertaler Konzertchor bei Bruckners f-Moll-Messe. 2009 folgte hier in Düsseldorf der „Paulus“ von Mendelssohn in zwei Aufführungen. Auch haben wir mit dem Wuppertaler Konzertchor die sehr selten aufgeführte Freischütz-Messe von Carl-Maria von Weber gesungen. 2017 konzertierten wir (zum dritten Mal in meiner Amtszeit) mit der h-Moll-Messe von Bach in der Düsseldorfer Johanneskirche. Gerade bei dieser Aufführung konnte man die Entwicklung des Bachvereins sehr schön verfolgen, wie er sich über den Weg von der Chor-Romantik, hin zur Barockmusik – und speziell zu den Werken Bachs – regelrecht „freigesungen“ hat.
Welche Formate konnten Sie neu entwickeln?
Zur Entwicklung neuer Formate – also neuer Formen in unserer Konzertpraxis – gibt es aktuell ein konkretes Beispiel: Zum fünften Mal werden wir im Mai diesen Jahres den „Nachtgesang“ in der Neanderkirche in der Düsseldorfer Altstadt mitgestalten. Dieses Konzertformat ist eine Kooperation mit der Neanderkirchen-Gemeinde, speziell mit dem Kantor Sebastian Klein, und ist deshalb so besonders, weil es nicht zu einer für Kirchenkonzerte üblichen Zeit, etwa an einem Sonntagnachmittag, stattfindet, sondern mitten in der Woche am Mittwoch um 21:00 Uhr, wo man „neudeutsch“ sagt, dass in der Düsseldorfer Altstadt der „Bär tobt“ – nicht um ins Konzert zu gehen, sondern um „en lecker Alt“ zu trinken. Genau zu dieser Uhrzeit bieten wir den „Nachtgesang“ an mit dem Untertitel „59 Minuten für Dich!“
Das ist von vornherein schon einmal der Hinweis auf eine sehr überschaubare Zeitdauer und außerdem das Signal, dass man etwas für sich ganz persönlich „Gutes“ tut, bevor man danach das Altbier und die damit verbundene Geselligkeit noch mehr genießen kann. Äußerst großer Zuspruch und eine hohe Besucherzahl waren von Anfang an sehr erfreulich! Man kann dabei auch sonst konzert- oder kirchenfernere Menschen beobachten, wie sie wiederholt dieses Konzertangebot mit leicht zugänglichen, oft kurzen Musikwerken, die auch kurz moderiert und erklärt werden, annehmen.
Wie hat sich Ihrer Ansicht nach die Kulturlandschaft des Musizierens in und um Düsseldorf in den letzten Jahrzehnten verändert?
Die Geschichte eines Chores gibt auch immer die Geschichte einer Gesellschaft wieder: Es ist schon deutlich zu spüren, dass heutzutage nicht nur Chöre, sondern auch Instrumental-Ensembles breiter aufgestellt sind. Während in früheren Jahrzehnten Menschen in einer Stadt – hier Düsseldorf – geboren wurden, nach ihrer Ausbildung wieder in „Ihre“ Stadt kamen, einen guten Beruf übernahmen, ihren „Hausstand“ gründeten und verbunden damit in einen Verein, ob Sport oder Chor, gingen und die Oper oder das Schauspiel regelmäßig besuchten und so am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnahmen, gibt es hier heutzutage erhebliche Um- und auch Abbrüche.
Großes Thema dabei ist die Mobilität. Wir als Bachverein sind in der glücklichen Lage, jüngere Damen und Herren in seinen Reihen begrüßen zu dürfen, was nicht alltäglich ist. Diese Gegebenheit bietet uns die Möglichkeit, uns immer wieder schnell auf neue Situationen einstellen zu können. Alle unsere Mitglieder sind in guten und verantwortungsvollen Berufen engagiert, wo beruflich bedingte Veränderungen (wie z.B. Umzug in eine andere Stadt) an der Tagesordnung sind. Zum Glück ist Düsseldorf in der vorteilhaften Situation, dass ständig neue, vor allem auch junge Menschen in diese Stadt ziehen. So können wir immer mit ca. 35 Mitsingenden rechnen.
Mit welchen Festkonzerten feiern Sie das 150-jährige Bestehen des Düsseldorfer Bachvereins?
Begonnen hatte die Reihe der Festkonzerte am 12. Januar in der Basilika St. Margareta (D-Gerresheim), einer Kirche, in der wir schon sehr oft und sehr gerne als Gäste musiziert haben. Es handelt sich dabei um einen Ort mit eigener musikalischer Tradition und Praxis, die schon lange von Kantor Klaus Wallrath (mit dem ich seit dem gemeinsamen Hochschulstudium in den 70ern befreundet bin) sehr erfolgreich geleitet wird. Unsere zweite wunderschöne Haus-Kirche hier in Düsseldorf ist St. Peter in der Friedrichstadt, die wir ausnahmsweise nicht in unsere Festkonzerte einbezogen haben, da die dortige Akustik sich (wegen des extrem langen Nachhalls) nicht so gut für die Werke von Johann Sebastian Bach eignet. Als zweites Festkonzert veranstalten wir am 27. Mai den nächsten „Nachtgesang“, den fünften dieser neuen Reihe, in der Neanderkirche (D-Altstadt).
Am 20. September geben wir ein weiteres Festkonzert mit Motetten und Kammermusik von Bach in der Tersteegenkirche (D-Golzheim), gefolgt von zwei weiteren Konzerten mit demselben Programm: am 4. Oktober in der Basilika Kloster Steinfeld (Eifel) und am 8. November in St. Martinus Herten (Westerholt) bei den dortigen Kirchenmusiktagen. Den Abschluss der Festreihe bildet am 4. Dezember das Konzert „Magnificat anima mea“ in der Düsseldorfer Johanneskirche mit Werken von Johann Sebastian Bach, einer Uraufführung von O.G. Blarr und Carl Philipp Emanuel Bach. Dieses Abschlusskonzert wird zugleich an das erste Weihnachtskonzert des Bachvereins 1989 unter meiner Leitung mit dem gleichen Programm, damals allerdings ohne Uraufführung, erinnern!
Beschreiben Sie kurz die räumlichen und akustischen Bedingungen, unter denen Sie und Ihr Chor gerne arbeiten.
Ein Chor wie der Bachverein mit A-cappella-Anspruch muss in der Lage sein, unter möglichst allen akustischen Bedingungen seine beste Leistung zu erbringen – seien es Kirchen mit großem Nachhall oder auch Räume mit trockener Akustik, wie man sagt. Optimal sind natürlich solche Räume, speziell Kirchen, in denen uns der Nachhall wie auf Flügeln trägt! Dann können wir unseren Klang am besten entfalten, ohne dass unsere musikalischen Interpretationen angestrengt wirken. Die Akustik eines Raumes und die Programmatik eines Konzertes stehen natürlich immer in einem engen Zusammenhang. Ein Musikprogramm (z.B. mit Werken von Bach) mit viel Durchsicht in Bezug auf die einzelnen Stimmgruppen bedarf eines Raumes mit begrenzter Akustik wie die Düsseldorfer Neanderkirche oder die Tersteegenkirche. Aber manchmal lässt es sich auch nicht vermeiden, ein Bach’sches Werk in einer der großen Düsseldorfer Kirchen – wie z.B. St. Peter, Mariä Empfängnis oder in der Basilika Kaiserswerth – zu singen.
Sie haben gerade eine neue CD herausgebracht. Möchten Sie diese ein wenig kommentieren?
Gerne. Es handelt sich um eine CD ohne einen einzigen Ton von Johann Sebastian Bach, was sicher für einen Bachverein Düsseldorf ungewöhnlich ist! Dahinter steht die programmatische Absicht, eine Abfolge ausschließlich von Mariengesängen wiederzugeben, die das gesamte Leben von Maria in den verschiedenen Stationen nachzeichnet. Mit dem Magnificat von Melchior Franck haben wir soeben schon einen kleinen Ausschnitt gehört. Das Programm der CD vereint insgesamt Chorwerke von der Renaissance bis zur Moderne, die das übergeordnete Thema „Marienleben“ aus verschiedenen Perspektiven musikalisch beleuchten. Darunter sind auch Werke von Peter Paul Förster, einem zeitgenössischen Komponisten aus Wuppertal, zu hören, ebenso Kompositionen seiner Vorfahren.
Welche Bedeutung haben für Sie und für den Chor die Sponsoren?
Die Sponsoren sind natürlich ein ganz wesentlicher Bestandteil für die Chorarbeit, zumal der Bachverein völlig gemeinde- und kirchenunabhängig arbeitet und sich daher vollkommen selbstständig finanzieren muss. Alle Kosten für Raummieten, Orchester, Instrumentalsolisten, Notenmaterial, Reisen usw. müssen vom Chor bezahlt werden. Trotz Einnahmen über Konzerttickets und Spenden ist der Chor dringend – gerade auch jetzt in dem Festjahr – auf Sponsoren angewiesen, die wir in erster Linie als kulturelle Partner betrachten. Ich bin diesen Persönlichkeiten und Institutionen sehr dankbar. Genauso freut sich der Chor über jede andere Art finanzieller Unterstützung, seien es anlassbezogene Einzelspenden oder regelmäßige Spenden oder auch die Mitgliedschaft in unserem Förderkreis. Das Unterstützen unserer Arbeit, z.B. der Beitritt in den Förderkreis, ist ganz leicht, Infos findet man auf der Website des Bachvereins.
Wie sehen Sie die Zukunft des Bachvereins – welche Wünsche, Aufgaben und Ziele verfolgen Sie?
Am liebsten wäre es mir, wenn es so weitergehen könnte, wie es sich im Augenblick darstellt! Wir sind natürlich beständig auf der Suche nach weiteren geeigneten Sängerinnen und Sängern, die bei Eintritt maximal 40 Jahre alt sind und über die erforderlichen, vor allem stimmlichen Voraussetzungen und die beschriebene Flexibilität verfügen. Es sollten Menschen sein, die nicht nur stimmlich „gut drauf“ sind, sondern auch zur Art unseres Umgangs miteinander passen. Also dazu, wie wir gemeinsam singen, proben, arbeiten, sprechen, feiern – Freud und Leid miteinander teilen. Persönliche Dinge können da auch immer mitschwingen. Denn das Miteinander der im Chor Singenden wirkt sich natürlich auch auf die Qualität der reinen Chorarbeit aus, wenn wir uns zur Probe treffen oder zum Konzert vorbereiten. Diese menschlichen und musikalischen Qualitäten wünsche ich mir sehr für den Bachverein Düsseldorf – unabhängig davon, wie lange ich diesen wunderbaren Chor noch leiten darf!
Das Gespräch führte
Prof. Dr. Hartwig Frankenberg
Fotos: Thomas Kalk, Leiter der Musikbibliothek.
INTERVIEWREIHE „MUSIK IM GESPRÄCH“: WEITERE TERMINE 2020
Zeit: 20:00 Uhr
Ort: Zentralbibliothek / Musikbibliothek / Lesefenster
Bertha-von-Suttner-Platz 1
40227 Düsseldorf
Franz-Josef Birk, Konzertpianist
Martin Wistinghausen, Sänger und Komponist
Dr. Manfred Heidler, Oberstleutnant
Zentrum Militärmusik der Bundeswehr, Bonn
Catriona Böhme, Viola Campanula
Anna Seropian, Klavier
Dr. Doris Bischler,
Direktorin der Clara-Schumann-Musikschule Düsseldorf